Förderprogramm “Unternehmensnachfolge – Aus der Praxis für die Praxis”

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Inhalte und Rahmenbedingungen für eine neue Förderung im Bereich Unternehmensnachfolge.

Aufruf für die Antragstellung

Im nachfolgenden Interview tauschen sich Katja Theunissen und Anna Lisa Selter zu den Inhalten und Rahmenbedingungen für eine neue Förderung im Bereich Nachfolge aus.

Von links: Anna Lisa Selter und Katja Theunissen

Katja Theunissen arbeitet in Düsseldorf als Unternehmensberaterin und ist Inhaberin der Beratung Inno-Konkret mit einem Beratungsschwerpunkt auf Fördermitteln und Anna Lisa Selter ist Nachfolgeberaterin und Inhaberin der Nachfolgeberatung „Die nächsten hundert Jahre“ in Düsseldorf. Sie sind beide Mitglieder im Bundesverband – Die KMU-Berater und tauschen sich im Interview zu den Inhalten und Rahmenbedingungen für eine neue Förderung im Bereich Nachfolge aus – ein gutes Beispiel für die Kooperationsmöglichkeiten und die themenübergreifende Zusammenarbeit, die als Mitglied im Verband möglich ist.

Anna Lisa Selter: Katja, ich habe über Dich von einer neuen Förderung im Bereich Unternehmensnachfolge erfahren. Erzähl` doch bitte mal, was der Hintergrund für das Programm ist und an wen es sich richtet.

Übergabe an die nächste Generation oft schwierig

Katja Theunissen: Die Übergabe des Unternehmens an die nächste Generation ist für die Unternehmen im Mittelstand oder kleinere Unternehmen eine der größten Herausforderungen, die sich neben Digitalisierung und ständiger technologischer Innovation stellt. Das Problem ist, dass es häufig in der zweiten oder dritten Generation nicht die geeigneten Unternehmerpersönlichkeiten zu geben scheint, um das Unternehmen fortzuführen. Entweder, weil die Senioren es versäumt haben, die zweite Generation heranzuführen oder es ihnen auch nicht zutrauen oder vielfach, weil die Kinder sich anders orientieren.

In die Unternehmerrolle hineinwachsen

Deshalb wäre es in vielen Fällen günstig, wenn jemand aus der zweiten Reihe dann in den Vordergrund tritt oder jemand, der beispielsweise früher als Angestellter beschäftigt war, in die Unternehmerrolle hineingeht. Aber das Mindset, was man als leitender Angestellter braucht und das, was man als Unternehmer braucht, ist komplett unterschiedlich.

Sich vorzustellen, dass man in eine Unternehmerrolle schlüpft mit allen Risiken und der persönlichen Verantwortung, die die Rolle mit sich bringt – da muss man erst einmal hineinwachsen. Das ist ein Prozess, der auch gecoacht werden muss, der begleitet werden muss und der langfristig angegangen werden muss. Das ist ja auch genau Dein Themenfeld.

Anna Lisa Selter: Ja. Das heißt, richtig verstanden, dass sich dieses neue Förderprogramm an Unternehmen richtet, bei denen die Nachfolge ansteht, es aber keinen internen Nachfolger aus der Familie gibt?

Katja Theunissen: Das wäre sicherlich ein geeigneter Zielgruppen-Schwerpunkt für die Modellvorhaben zu diesem Förderaufruf. Bei Förderinstrumenten der öffentlichen Hand ist natürlich der Fördergeber immer davon abhängig, was an Projektvorschlägen von den Initiatoren an ihn herangetragen wird.

Und da gibt es jetzt diesen neuen Förderaufruf “Unternehmensnachfolge – Aus der Praxis für die Praxis” des Bundeswirtschaftsministeriums. Damit sind Kompetenzträger aus der Wirtschaft, also Verbände und Vereinigungen aufgerufen, entsprechende Projektvorschläge zu machen.

Unternehmensnachfolge in Branchenansätzen denken

Ich finde das einen sehr vielversprechenden Ansatz, weil Unternehmensnachfolge in Branchenansätzen gedacht werden muss. Denn es ist ein Riesenunterschied, ob ein Bäcker eine Bäckerei übernimmt, oder ob jemand im Maschinen- und Anlagenbau mit Projektgeschäft ein Unternehmen fortführt, oder ein Handelsgeschäft übertragen wird.

Das sind natürlich sehr unterschiedliche Geschäftsmodelle und es gibt nicht so viel generelles Know-how, was übertragbar ist, bei diesen sehr unterschiedlichen Branchen.

Anna Lisa Selter: Das bedeutet, die Herausforderungen bei der Nachfolge sind für viele Branchen unterschiedlich und Erkenntnisse aus der einen Branche helfen in der anderen Branche vielleicht nicht?

Modellprojekte zur Unternehmensnachfolge

Katja Theunissen: Ja – deswegen finde ich diese Idee mit den Modellprojekten zur Unternehmensnachfolge so spannend, denn damit können einem Unternehmen Referenzprojekte und Erfolgsfaktoren aus der gleichen Branche vorgestellt werden. Welche Kompetenzen sind erforderlich, um zum Beispiel ein Kunststoffunternehmen zu übernehmen? Welche Kompetenzen sind erforderlich, um einen Metallbauer zu übernehmen? So können sich interessierte Nachfolger, die bis jetzt noch nicht als Unternehmer tätig waren, besser vorstellen, welche Weiterbildung sie eventuell noch benötigen und welche Schritte sie gehen müssen, um das Unternehmen dann tatsächlich selber zu führen.

Anna Lisa Selter: Ok. Du hast vorhin viel über Verbände und Vereine gesprochen. Ich überlege gerade, was ein konkretes Beispiel für die Anwendung sein könnte. Also, wenn aus unserem Kreis der Fachgruppe Unternehmensnachfolge jemand ein Autohaus berät und das hat keinen Nachfolger. Es gibt aber jemand in der Betriebsleitung, der sich die Nachfolge vorstellen könnte. Dann könnte das aber mit uns als einzelner Berater oder im Team als Beratung und das Autohaus alleine nicht an diese Fördermittel kommen, oder doch?

Welche Formate stimulieren die Nachfrage?

Katja Theunissen: Nein, genau. Es geht um ein Modellprojekt und das kommt nicht dem einzelnen Betrieb zugute, der zur Übernahme ansteht, sondern es geht darum, dass zum Beispiel eine regionale Wirtschaftsförderung, ein Netzwerk aus Beratern, ein Branchenverband oder auch ein Gründerzentrum als Initiator sich überlegt: “Wie bringen wir das Thema Nachfolge unseren Betrieben oder unseren Unternehmen in der Region näher?” “Welche Seminare und welche Workshops können wir anbieten? Was für Veranstaltungs-Formate oder Beratungspakete wären sinnvoll?”

Das kann zum Beispiel ein Speed Dating von Unternehmern und potenziellen Junior- Unternehmern sein. Es soll mit diesem Programm die Überlegung gefördert werden: “Welche Formate sind geeignet, um Nachfolge in unserer Region oder in unserem Branchenverband zu stimulieren?”

Anna Lisa Selter: Ok. Das heißt, es ist etwas Übergeordnetes.

Katja Theunissen: Genau – es sollen übertragbare Modelle dabei entwickelt werden.

Anna Lisa Selter: Verstanden. Das heißt zum Beispiel, der Verband der deutschen Landwirtschaft geht hin und entwickelt zusammen mit Beratern…

Beispiel Landwirtschaft

Katja Theunissen: …genau – das heißt dann eben nicht “Bauer sucht Frau” sondern “Bauernhof sucht Jungbauern”. Dann macht man daraus eine Veranstaltungsreihe, z. B. die Höfe können sich vorstellen, jemand vermittelt das Wissen, was ein angehender Landwirt benötigt, oder es gibt vielleicht einen Unternehmertest, ob ich geeignet bin als angehender Landwirt.

Man kann sicherlich Formate anbieten, wo Menschen, die sich dafür interessieren, ein Praktikum in den Betrieben machen können. Das wären alles Ideen, die im Rahmen dieser Modellprojekte entwickelt werden können.

Anna Lisa Selter: Ok, das heißt, ich habe am Ende als Ergebnis dann eine Art Blaupause, einen Leitfaden, den ich an die potenziellen Nachfolger geben kann, oder an die jeweiligen Leute, die übergeben?

Katja Theunissen: Die Antragsteller werden natürlich das Interesse haben, dieses Format erst mal selbst umzusetzen. Der Aufbau des Ganzen wird für eine Laufzeit von bis zu drei Jahren mit 80 Prozent der entstehenden Kosten gefördert.

Wenn sich das Ganze dann als erfolgreich erwiesen hat, dann wird man eben schauen müssen, wie man das in eine Nachhaltigkeit überführt, damit die Branche, oder die Region dann auf Dauer davon profitieren kann.

Anna Lisa Selter: Ok. Und wo würdest du jetzt zum Beispiel ansetzen, wenn du das Programm nutzen möchtest? Wen brauchst du dann alles um dich herum?

Nachweisbarer Bedarf ist Voraussetzung

Katja Theunissen: Einen nachweisbaren Bedarf der Zielgruppe, das heißt also Unternehmen, bei denen das Thema ansteht und die Kompetenzträger, um alle Aspekte des Themas Nachfolge zu beleuchten.

Anna Lisa Selter: Kompetenzträger wären dabei dann Berater, Banken, Steuerberater und Anwälte also ein größeres Team?

Katja Theunissen: Genau – auch beispielsweise die Wirtschaftsförderung.

Anna Lisa Selter: Okay, gut.

Projektskizzen bis 15. Oktober 2019 einreichen

Katja Theunissen: Da muss man jetzt allerdings schnell werden. Die Skizzen, die das Vorhaben beschreiben, müssten bis zum 15. Oktober eingereicht werden. Dann wird ausgewählt, welche Vorhaben gefördert werden. Im Anschluss muss noch ein ausführlicher Antrag mit allen Formalien gestellt werden, die so ein Antragsprozedere mit sich bringt – hier berate und unterstütze ich dann beispielsweise. Wer das jetzt bis Oktober nicht schafft, hat 2021 noch eine weitere Chance.

Anna Lisa Selter: Wo sind diese Informationen noch mal zum Nachlesen verfügbar? Wo kann der Antrag gestellt werden?

Katja Theunissen: Die Projektskizze bekommt das RKW Kompetenzzentrum in Eschborn. Der spätere Antrag geht dann an das BAFA, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Auf den Seiten der BAFA im Internet finden sich noch mal alle Infos zum Programm.

Anna Lisa Selter: Wie heißt das Programm genau?

Katja Theunissen: Das Programm heißt: Unternehmensnachfolge aus der Praxis für die Praxis.

Anna Lisa Selter: Das hört sich nach einer sinnvollen Initiative an, auch wenn sie nicht in konkreten Einzelfällen genutzt werden kann, in denen eher andere Fördermittel beantragt werden können, um die Beratung zu unterstützen.

Aber mit solchen Ansätzen das Bewusstsein für die Herausforderungen bei der Nachfolge zu stärken und damit Grundlagen für eine Hilfe zur Selbsthilfe für die Branchen zu schaffen, ist sicher der richtige Weg. Danke für die vielen Informationen, Katja.

Katja Theunissen: Gern. Und für Detailfragen bin ich natürlich erreichbar.