Digitalisierung in der Baubranche und das Werkzeug BIM

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Die Baubranche bietet ein weites Feld für unternehmerische Aktivitäten zur Digitalisierung. "Building Information Modeling" (BIM) wird dabei als Instrument eine besondere Rolle spielen.

KMU-Beraterin Hannelore Rathje empfiehlt in ihrem Beitrag, die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben, etwa durch die Einführung des „Building Information Modeling“ (BIM, Gebäudedatenmodellierung).

Bauwirtschaft im Umbruch

Eine übergeordnete Rolle bei der Digitalisierung stellt die Strategieausrichtung und das Lean Management in der Prozessoptimierung dar.

Die Notwendigkeit, sich mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen, wird deutlich am Produktivitätswachstum der Baubranche im Vergleich zu anderen Branchen.

Eine Kurzfassung dieses Beitrag erscheint in Kürze in den KMU-Berater News 2017-01: Bauwirtschaft im Umbruch.

Themenbereiche der Digitalisierung

Es gibt viele Möglichkeiten die Digitalisierung zu betrachten. Dabei stehen vier Aspekte im Vordergrund:
Bereich 1: Bei den digitalen Daten handelt es sich um die elektronische Erhebung und Auswertung von Daten. Das Ziel ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen, die dem Unternehmen helfen,

  • die Bedürfnisse des Kunden besser zu verstehen,
  • Schwachstellen und Verbesserungsansätze in den Prozessabläufen zu erkennen,
  • Qualitäts- und Quantitätsmerkmale von Lieferanten zu erhalten,
  • . . .

Auf Basis dieser zusätzlichen Erkenntnisse optimiert das Unternehmen die eigene Prozess- bzw. Wertschöpfungskette mit dem Ziel, das Unternehmen am Markt für die Zukunft besser zu positionieren und das Betriebsergebnis langfristig zu steigern.

Bereich 2: Der digitale Zugang ist der jederzeit mobile und unkomplizierte sowie sichere Zugriff auf das Internet und interne Netze.

Bereich 3: Der Bereich Automation umfasst neue Technologien, unter denen autonom arbeitende und sich selbst organisierende Systeme verstanden werden.

Bereich 4: Mit Netzwerken sind sowohl Netzwerke außerhalb des Unternehmens zu anderen Partnern gemeint, als auch im Unternehmen selber. Ziel ist es, voneinander getrennte Aktivitäten zu vernetzen und zu synchronisieren.

Jeder dieser vier Bereiche kann auf jeden Teil der Wertschöpfungskette angewendet werden.

BIM als Digitalisierungs-Werkzeug

In aller Munde ist zurzeit „BIM“: ‚Building Information Modeling’ (auf Deutsch Gebäudedatenmodellierung) ist nach Aussage von Autodesk, einem der Softwarehersteller in diesem Bereich, „ein intelligenter, auf einem 3D-Modell basierender Prozess, der Architekten, Ingenieuren und Bauunternehmern Informationen und Werkzeuge für effiziente Planung, Entwurf, Konstruktion und Verwaltung von Gebäuden und Infrastruktur bereitstellt“.

Vorteile von BIM für ein Bauprojekt

BIM bildet den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojektes virtuell vom Entwurf bis zur Fertigstellung ab. Es zeichnet sich dadurch aus, dass das Bauvorhaben vor Baubeginn bereits im Rechner erstellt wird, bevor es in der Realität ausgeführt wird. Damit bietet BIM unter anderem folgende Vorteile:

  • schnellere und ganzheitliche Betrachtung (Zeit, Kosten, Materialanforderungen) des Bauvorhabens
  • Reduzierung von Planungsfehlern
  • Durchführung von Kollisionsprüfungen und somit eine weitgehend widerspruchsfreie Planung
  • reibungsloserer Bauablauf.

BIM bearbeitet drei der o. g. Teilbereiche der Digitalisierung in der Wertschöpfungskette Planung und Bauausführung.

Projekt „planen-bauen 4.0“

Bereits Anfang 2015 haben sich 14 Verbände und Institute in der „planen-bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH“ zusammengeschlossen.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat diese Gesellschaft mit der Erstellung eines Stufenplans für Digitales Planen und Bauen beauftragt.

Ab 2020 sollen danach öffentliche Ausschreibungen nur noch mit dem BIM-System durchgeführt werden. Weitere Informationen können zu dem Stufenplan Digitales Planen und Bauen auf der Internet Seite www.planen-bauen40.de nachgelesen werden.

BIM-Einführung im Unternehmen

Vor der Einführung von BIM ins eigene Unternehmen sollte eine Strategie erarbeitet werden. Die Einführung von BIM kann in unterschiedlichen Ansätzen erfolgen, zum Beispiel:

  • Little BIM
  • Big BIM
  • Open BIM oder
  • Closed BIM

Beim Little BIM arbeitet das Unternehmen alleine mit dem System. BIM wird für die eigene Arbeit genutzt und stelle eine sogenannte Insellösung dar.

Ein disziplinübergreifender Austausch findet hingegen beim Big BIM statt und bezeichnet die interdisziplinäre und durchgängige Anwendung dieser Methode über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerkes. Der Datenaustausch dafür erfolgt zwischen den beteiligten Partnern über ein Dateiformat namens „IFC“ und wird damit wahrscheinlich langfristig den heutigen DWG-Standard ablösen.

Das Open BIM ist ein universeller Kooperationsansatz im Bereich Entwurf, Bau und Betrieb von Gebäuden, basierend auf offenen Standards bzw. Arbeitsabläufen und ist unabhängig von der verwendeten BIM-Software.

Open BIM ist eine Initiative von mehreren führenden Softwareanbietern unter Verwendung des offenen buildingSMART-Datenmodells.

Daneben gibt es das Closed BIM. In diesem Prozess arbeiten alle Partner mit einer Softwarelösung.

Keine vorgefertigte Standardlösung

Alle Methoden haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Es ist daher wichtig, die Unternehmensstrategie und insbesondere die IT-Strategie vorher festzulegen. Erst auf dieser Basis sollte entschieden werden, welcher Weg gegangen werden soll, denn BIM ist keine vorgefertigte Standardlösung aus dem Regal und ist auf die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens anzupassen.

Weitere Ansatzpunkte in der Digitalisierung der Baubranche

BIM ist jedoch nicht die Generallösung für das Thema der Digitalisierung. Daneben gibt es viele weitere Ansatzpunkte in der Baubranche, auch für mittlere und kleine Unternehmen, die die Digitalisierung vorantreiben wollen. Dabei ist unter anderem an folgende Möglichkeiten zu denken:

  • digitale Plattformen im Bereich der Beschaffung
  • Supply-Software für den Bereich der Baustellenlogistik
  • Cloud Lösungen
  • Energiemanagementsysteme
  • digitale Datenbrillen
  • 3D-Laserscanner zur Vermessung von Gebäuden, Grundstücken und industriellen Anlagen (Aufnahme von vorhandenen Anlagenteilen etc.)
  • Wärmebildkameras
  • Drohnen
  • Roboter
  • 3D Drucker
  • Dokumentenmanagersysteme
  • Aufgabenmanagementsysteme, die auf die vorhandene EDV-Software aufsetzen und Prozesse abbilden, verbunden mit Dashboard Möglichkeiten
  • das Arbeiten mit Sensoren auf den Baustellen
  • das Arbeiten mit Tablets
  • etc.
Digitalisierung der Finanzbuchhaltung

Neben der Digitalisierung im Bereich der Planungs- und Bauprozesse gibt es weitere Bereiche in den Unternehmen, die im Themenkreis der Digitalisierung berücksichtigt werden sollten, wie z.B. das automatische Verbuchen von Geschäftsvorfällen in der Finanzbuchhaltung.

Dies sind nur einige Ausblicke auf die bereits vorhandenen Möglichkeiten. Das Thema der Datensicherheit sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden – seine Bedeutung wird weiter zunehmen.

Lean-Management und Digitalisierung

Um die Digitalisierung im eigenen Unternehmen voranzutreiben, ist es notwendig, die Ziele in diesem Bereich zu definieren und eine Vision zu erarbeiten. Auf diesem Weg der Digitalisierung wird ein Unternehmen jedoch nicht umhin kommen, sich mit dem Thema „Lean Management“ auseinander zu setzen.

Hierbei geht es nicht nur darum, flachere Hierarchien zu generieren, sondern in erster Linie darum, den Bereich der Verschwendung zu eliminieren. Lean Management bedeutet „Werte ohne Verschwendung schaffen“. Ziel ist es, alle Aktivitäten, die für die Wertschöpfung notwendig sind, optimal aufeinander abzustimmen und überflüssige Tätigkeiten zu vermeiden.

In der Baubranche wird auch häufig der Begriff „Lean Construction Management“ verwendet, bei dem das Erfolgsmodell des Lean Managements auf Bauprojekte und Baustellen übertragen wird.

Mit einem Produktivitätswachstum von nur 4,1% im Zeitraum 2000 bis 2011 entwickelte sich die Baubranche zuletzt weit unterdurchschnittlich. Die gesamte Produktivität der deutschen Wirtschaft steigerte sich, zum Vergleich, in diesem Zeitraum um 11% (Quelle: HWWI). Damit ist auch im Hinblick auf die Produktivität für die Bauwirtschaft viel Luft nach oben – worauf warten wir also noch?