Das StaRUG in den Kinderschuhen

Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen - StaRUG
Für 2021 gibt es noch keine amtliche Statistiken über den Erfolg der StaRUG-Verfahren. Die Ergebnisse des INDat-Reports 2021 geben erste Hinweise.

Noch gibt es keine amtliche Statistik über den Erfolg der StaRUG-Verfahren. Die Ergebnisse aus dem INDat-Report für das Jahr 2021 geben erste Hinweise darüber, wie viele StaRUG-Verfahren durchgeführt wurden, welche regionalen Schwerpunkte es gab und welche Verfahren es bis in die Öffentlichkeit geschafft haben.

Das im Dezember 2020 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (kurz: StaRUG) regelt grundsätzlich das dem Insolvenzrecht nahestehende Restrukturierungsrecht. Das Gesetz wird seit dem 1. Januar 2021 durchgeführt und gleichzeitig mit der EU-Restrukturierungsrichtlinie in Deutschland umgesetzt.

Eine amtliche Statistik der StaRUG-Verfahren hat der SanInsFoG-Gesetzgeber für das erste Jahr nicht vorgesehen. Die offizielle Zählung beginnt erst ab dem 1. Januar 2022 – allerdings ohne die Sanierungsmoderation zu erfassen.

Der INDat-Report hat für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2021 eine Erhebung vorgenommen und die 24 Restrukturierungsgerichte befragt [1]. Mit einer Rücklaufquote von 100 % dürfte diese Befragung durchaus repräsentativ sein.

Gefragt wurde unter anderem:

  • Wie viele Restrukturierungsvorhaben sind angezeigt worden?
  • Wie viele gerichtlich bestätigte Restrukturierungspläne gab es?
  • Wie viele RES-Sachen sind noch anhängig?

Wie viele Verfahren gab es?

Im Jahr 2021 sind demnach 22 Anzeigen für ein Restrukturierungsvorhaben bei den Gerichten eingegangen. Aus ihnen gingen vier gerichtlich bestätigte Restrukturierungspläne hervor. Fünfmal erfolgte die Rücknahme der Anzeigen durch den Schuldner. Und vier Verfahren waren zum Ende 2021 noch anhängig [2].

Im selben Zeitraum sind laut Insolvenzstatistik des Statistischen Bundesamtes in Deutschland 13.990 Unternehmensinsolvenzen angemeldet worden [3]. Im direkten Vergleich bleibt der praktische Anwendungsbereich für StaRUG-Verfahren somit mehr als überschaubar.

Welche regionalen Schwerpunkte gab es?

Kaum verwunderlich bei dieser geringen Anzahl ist, dass es ebenfalls nicht im gesamten Bundesgebiet Restrukturierungsvorhaben gab: So gaben neun der 24 Restrukturierungsgerichte an, dass sie im Jahr 2021 keine „StaRUG-Berührung“ hatten. Kein einziges Verfahren gab es im vergangenen Jahr in Niedersachsen, im Saarland, in Schleswig-Holstein, in Thüringen und in Brandenburg.

Die meisten StaRUG-Verfahren hatten erwartungsgemäß die Restrukturierungsgerichte in den Großstädten: Ganz vorne lag dabei Essen mit fünf Verfahren, München und Hamburg folgen mit jeweils zwei und Berlin-Charlottenburg sowie Köln haben jeweils ein Verfahren zu verzeichnen [4].

Welche Verfahren haben es in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geschafft?

Nachdem im Vorfeld viel darüber spekuliert wurde, ob und wie das StaRUG gerade von größeren Unter-nehmen genutzt werden würde, hat es hier lediglich ein Verfahren geschafft, in den Blickpunkt der interessierten Öffentlichkeit zu kommen: das sogenannte “Leuchtturmverfahren“ ETERNA.

Die Gläubiger des bekannten Hemden- und Blusenherstellers haben Anfang September 2021 einem finanziellen Sanierungsplan zugestimmt. Wie das Unternehmen in Passau mitteilte, steigt die Robus Capital Management als neuer Investor ein. Dadurch könnten die Gläubiger einer bis 2024 laufenden Anleihe über 25 Millionen Euro noch 12,5 Prozent des Nominalwerts bekommen [5].

Relevanz in der Rechtsprechungspraxis

In der Literatur gibt und gab es zahlreiche Veröffentlichungen zum StaRUG. Mehrere Kommentare wurden neu aufgelegt. Die Sanierungspraktiker tauschten sich in zahlreichen Gesprächsrunden on- und offline aus. Überschaubar bleiben aber die bisher ergangenen Gerichtsentscheidungen, was angesichts der geringen Anzahl der Verfahren auch nicht weiter verwunderlich ist.

In der juristischen Online-Datenbanken JURIS finden sich Stand Juli 2022 insgesamt 10 Treffer zu gerichtlichen Entscheidungen, die sich mit Rechtsfragen des StaRUG beschäftigen.

Läuft es doch noch nicht?

Rund anderthalb Jahre nach dem Startschuss kommt des Öfteren die Frage auf, ob das StaRUG gescheitert sei. Getreu dem Motto „Traue keiner Statistik…“, sollten hier jedoch aber auch keine vorschnellen Schlüsse aus den niedrigen Verfahrenszahlen gezogen werden.

Nicht messbar ist insbesondere der indirekte Erfolg des StaRUG: So wird vermehrt berichtet, dass einzelnen Gläubigern die neu eingeführten Instrumente „drohend“ entgegengehalten wurden und es so doch zu einer Lösung kam. Statistisch erfasst werden diese Fälle selbstredend nicht. Es bleibt also immer noch abzuwarten, wie und wo sich das StaRUG künftig in der Praxis seinen Platz sucht.

Autorin:

Christina Knecht ist Fachanwältin für Insolvenzrecht, Handels-und Gesellschaftsrecht sowie Steuerrecht. Von Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit an konzentrierte sie sich auf die Bereiche Unternehmen und Gesellschaften sowie Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz.
Sie arbeitet in einer Kanzlei in Bochum und berät neben institutionellen Gläubigern und Investoren auch Gesellschafter und die Geschäftsführung bei der Restrukturierung von Unternehmen.

[1] Quelle: https://www.der-indat.de/indat-report/archiv/details-01-2022/
[2] Quelle: https://www.der-indat.de/indat-report/archiv/details-01-2022/
[3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Unternehmen/Gewerbemeldungen-Insolvenzen/_inhalt.html
[4] Quelle: https://www.der-indat.de/indat-report/archiv/details-01-2022/
[5] https://www.juve.de/deals/sanierungsfall-kl-gates-hogan-lovells-und-heuking-helfen-bei-eterna-rettung/