Das neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsrecht – ein großer Wurf

Neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsrecht
Thomas Schader erläutert die Änderungen des neuen Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetzes und die Vorteile für Unternehmen in der Krise.

Seit langem in der Sanierungspraxis gefordert: die Möglichkeit eines Restrukturierungsrahmens außerhalb der Insolvenz. Das neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) macht dies möglich. Lesen Sie im Kommentar von KMU-Berater Thomas Schader, welche Änderungen das neue Gesetz vorsieht, und wie Unternehmen in der Krise – insbesondere in der Corona-Pandemie – davon profitieren.

Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechtes (SanInsFoG)

Das BMJV (Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz) hat den ersten Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechtes (SanInsFoG) veröffentlicht. Damit wird die Richtlinie des Europäischen Rates zum präventiven Restrukturierungsrahmen vom Juni 2019 umgesetzt. Nach dem Referentenentwurf soll das Gesetz bereits zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.

Restrukturierungsrahmen vor der Insolvenz nutzen

Der Kernbereich des SanInsFoG ist der neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, der in einem eigenen Gesetz geregelt werden soll. Das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) mit seinen neu geschaffenen 108 Paragraphen regelt künftig die Möglichkeit für Unternehmen, vor der Insolvenz einen Restrukturierungsrahmen zu nutzen.

Voraussetzungen für die Nutzung

Um diesen Restrukturierungsrahmen nutzen zu können, muss das Unternehmen drohend zahlungsunfähig sein. Die drohende Zahlungsunfähigkeit wird durch einen veränderten Prognosezeitraum von 24 Monaten zur Überschuldung abgegrenzt, die nun durch einen Prognosezeitraum von 12 Monaten zu überwachen ist. Die Paragraphen 18 und 19 der Insolvenzordnung werden entsprechend geändert.

Restrukturierungsplan orientiert sich an Involvenzordnung

Kernelement für die Restrukturierung des Unternehmens ist der Restrukturierungsplan, der sich grundsätzlich am Insolvenzplan der Insolvenzordnung orientiert. Der Restrukturierungsplan besteht aus zwei Teilen:

  • einem darstellenden Teil, der das Restrukturierungskonzept erläutert,
  • und einem gestaltenden Teil, der die Rechtsfolgen für die betroffenen Restrukturierungsgläubiger aufzeigt.

Anders als im außergerichtlichen Vergleich ist eine Zustimmung von 75% der Gläubiger zur Annahme des Plans ausreichend. Das Stimmrecht orientiert sich dabei an der Höhe der Forderung. Eine Kombination aus Kopfmehrheit und Stimmrecht nach dem bisherigen Insolvenzrecht ist beim Restrukturierungsrahmen nicht vorgesehen.

Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten

Grundsätzlich kann der Restrukturierungsrahmen ohne gerichtliche Einbindung durchgeführt werden. Sind aber Einschnitte in die Rechte von Gläubigern betroffen, ist die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten durch das Gericht notwendig. Dann kann auch die fehlende Zustimmung eines Gläubigers ersetzt werden. Allerdings soll die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten die Ausnahme bleiben.

Nach der Anzeige der Restrukturierungssache bei Gericht wird keine Veröffentlichung vorgenommen, vielmehr werden nur die Verfahrensbeteiligten über die Nutzung der jeweiligen Instrumente im Restrukturierungsplan informiert.

Neue Pflichten der Geschäftsleiter

Das neue Stabilisierungs- und Restrukturierungrecht bringt aber auch neue Pflichten für Geschäftsleiter mit sich. So sind im § 2 StaRUG die Verpflichtungen bei Erreichen der drohenden Zahlungsunfähigkeit verankert.

Instrumente zur Einführung eines Frühwarnsystems

Weiterhin wird im §107 StaRUG in Aussicht gestellt, dass die wichtigen Instrumente zur Einführung eines Frühwarnsystems durch das BMJV veröffentlicht werden. Es bleibt abzuwarten, ob diese Instrumente der Aufgabe, frühzeitig eine Krise zu erkennen, gerecht werden.

Zusätzlich wird in § 108 klarstellend geregelt, dass Steuerberater bei der Abschlusserstellung eine Hinweispflicht zu den Insolvenzantragsgründen und den Geschäftsführerpflichten haben. Welche Haftungen dies nach sich ziehen wird, müssen dann die Gerichte entscheiden.

Fazit

Insgesamt ist dem BMJV mit dem SanInsFoG ein großer Wurf gelungen. Die schnelle Umsetzung kann auch dazu genutzt werden, angesichts der drohenden Pleitewelle durch die Corona-Pandemie den in die Krise geratenen Unternehmen Hilfestellungen anzubieten.

Die Möglichkeit eines Restrukturierungsrahmens außerhalb der Insolvenz wurde schon seit vielen Jahren von der Sanierungspraxis gefordert. Das StaRUG orientiert sich zwar grundsätzlich noch sehr an dem deutschen Insolvenzrecht, es ermöglicht aber den Unternehmen eine Restrukturierung ohne das Stigma der Insolvenz.

Grundsätzlich ist die neue Gerichtsbarkeit der Restrukturierungsgerichte der richtige Weg. Aus Beratersicht wäre allerdings eine konsequente Trennung der Gerichte vorzuziehen.

Thomas Schader
Thomas Schader, Succeed GmbH, Leiter der Fachgruppe Sanierung