Gastronomie: Ohne Zwischenfinanzierung geht es nicht

Zwischenfinanzierung
André Grenzdörfer spricht über die Situation der Gastronomie und die Notwendigkeit der Zwischenfinanzierung der staatlichen Hilfen durch die Hausbanken.

Zeit der Entscheidung

„Für viele Betriebe geht es um alles!“, so André Grenzdörffer vom Verband „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e.V.“ und selbst Unternehmer in der Gastronomie. Als Experte sieht er nun die Hausbanken in der Pflicht, die staatlich zugesagten Hilfen zwischenzufinanzieren.

Für die Branche ist es eine nie dagewesene Situation: Im ersten Halbjahr 2021 wird sich das Schicksal tausender Gastronomiebetriebe entscheiden. Davon ist André Grenzdörffer fest überzeugt.

Gastronomie neu denken

„In den kommenden Wochen und Monaten werden – wie unter einem Brennglas – die Stärken und Schwächen der Branche, der einzelnen Unternehmer*innen und der Unternehmen offenbar.“ Die unter Druck geratenen Betreiberkonzepte müssten ganzheitlich analysiert, neu gedacht und überarbeitet werden. Nicht wenige würden aus dem Markt gehen. „Und zwar auch solche, die ohne Corona-Krise langfristig überlebt hätten.“

Lockdown light bringt Vor- und Nachteile

Den „Lockdown light“, nun verlängert bis zum 10. Januar, sieht er mit gemischten Gefühlen. Einerseits hätten Unternehmen und Beschäftigte dadurch Planungssicherheit über die Feiertage hinaus.

„Andererseits fällt das wichtige Dezembergeschäft mit Weihnachtsfeiern, Märkten und der Bewirtung an den Adventssonntagen sowie mit Events zum Jahreswechsel komplett weg.“ Üblicherweise erzielt die klassische Gastronomie im Dezember 20 Prozent ihres Jahresumsatzes. „Entsprechend fallen in der Regel die Gewinne aus. Diese werden im ersten Quartal für die Liquidität dringend benötigt, damit alle anfallenden Kosten bezahlt werden können.“

Manche Kosten der Gastronomie fallen weg

Die November- und Dezemberhilfen bewertet er durchaus positiv. „75 Prozent sind für sich betrachtet schon ziemlich viel. Den Umsätzen stehen saisonale Kosten, etwa für Dekoration, Standmieten usw. gegenüber, die durch den Lockdown nicht anfallen. Und der Organisationsaufwand ist enorm gesunken; es muss keine Ware eingekauft, kein Dienstplan geschrieben und kein Personal eingearbeitet werden.

Dezembergewinne fehlen

Doch dann kommt ein großes „Aber“: „Die Dezembergewinne sind in der Branche eingeplant. Das Eigenkapital war bei den meisten Betrieben nach dem ersten Lockdown aufgezehrt. Und viele Unternehmen haben, um ihr Überleben zu sichern, Kredite aufgenommen, die sie sonst nicht gebraucht hätten.“

Hilfen für Gastronomie dringend nötig

Sollte sich der Teil-Lockdown bis Ostern hinziehen, und es dann nur die Überbrückungshilfe III geben, ist aus seiner Sicht weitere Hilfe dringend notwendig. „Die meisten Betriebe sind Personengesellschaften, die für betriebliche Verpflichtungen mit ihrem privaten Vermögen haften. Da geht es nicht nur um Lebenswerke, sondern auch um Familienschicksale.“

Worauf es jetzt ankommt

Wichtig sei jetzt, dass die Banken schnell und pragmatisch die staatlich garantierten Hilfen zwischenfinanzieren, auch wenn die Gelder voraussichtlich erst Ende Dezember fließen.

Warum es ohne Zwischenfinanzierung nicht geht

Hintergrund: Für die Berechnung der Novemberhilfen braucht es die Berücksichtigung des Kurzarbeitergeldes und der Überbrückungshilfe II – was wiederum die Novemberbuchhaltung als Grundlage voraussetzt. Liegt eine Dauerfristverlängerung vor, kann sich das bis zum 10. Januar hinziehen. Es folgt der Antrag, dessen Bearbeitung ebenfalls Zeit in Anspruch nimmt. „Bis zur Auszahlung brauchen die Betriebe eine Zwischenfinanzierung ihrer Hausbanken“, betont der Berater. Schließlich sei Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzgrund. Hier geht es wirklich um alles!

André Grenzdörffer, Gastronomieberatung
KMU-Berater
André Grenzdörffer