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Expertentipps zum Umgang mit drastisch gestiegenen Materialpreisen

Die Lockdowns während der Corona-Pandemie haben die Lieferketten empfindlich gestört. Dies hat unter anderem zu deutlichen Materialpreissteigerungen geführt. Dabei hat sich die hohe Dynamik im Markt durch den Ukraine-Krieg noch einmal beschleunigt. Durch den seit Wochen andauernden Lockdown in Shanghai könnte sich die Versorgungssituation weiter verschärfen.

Durch Engpässe bei den Materiallieferungen und den Preissteigerungen über die ganze Produktpalette hinweg sind viele Projekte nicht mehr kalkulierbar. Die Auswirkungen für die am Bau beteiligten Unternehmen sind gravierend, vor allem, weil neue Risiken entstehen. Wie sollen Auftraggeber und Auftragnehmer rational mit diesen Unwägbarkeiten umgehen?

Das ist jetzt wichtig

  • Materialverknappungen und rasant steigende Preise stellen ein existenzielles Risiko für Auftraggeber und Auftragnehmer dar.
  • Ausreichende Bonität und Zuverlässigkeit der beteiligten Partner gewinnen stark an Bedeutung.
  • Den Verwerfungen an den Märkten muss man mit strategischem Einkauf und partnerschaftlichem Verhalten begegnen.

Die Risiken

Zu dem Preis-, Material- und Energierisiko kommt nun ein Nachfragerisiko hinzu. Laut einer Aussage von Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie im April stellen rund 40 Prozent der Auftraggeber Projekte zurück. 30 Prozent würden sogar Aufträge stornieren. Wir rechnen daher mit einem drastischen Rückgang der Nachfrage.

Arbeitskräfte halten

Bisher hat die Baubranche händeringend um Arbeitskräfte geworben. Jetzt müssen sich die Firmen Gedanken machen, wie sie die Leute halten können. Aktuell muss man sich darauf einstellen, dass die Unternehmen bald Kurzarbeit anmelden. Eine österreichische Branchenvertreterin brachte es neulich auf den Punkt und sagte: „Das ist Hungern bei voller Schüssel“.

Das können Sie jetzt tun

Wir empfehlen daher, dass Termine für Lieferungen und Leistungen nur noch bedingt zugesagt werden. Auch bei den Preisen sollten die Auftragnehmer nur noch eine Bindung eingehen, wenn dies von Seiten der Vorlieferanten abgesichert ist.

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und das Bundesministerium für Digitales und Verkehr haben darauf reagiert. Allerdings sind die vorgesehenen Preisgleitklauseln unzureichend. Insbesondere helfen diese den Unternehmen nur bedingt bei bestehenden längerfristigen Aufträgen.

Unsere Empfehlung ist daher, die Kündigung bestehender Verträge zu prüfen. Hier werden sich nach unserer Einschätzung einige Möglichkeiten ergeben, weil es sicherlich in einer Vielzahl von Fällen zu Verzögerungen kommt. So gewinnt der § 6 Abs. 7 VOB/B in der näheren Zukunft sicherlich erheblich an Bedeutung. Danach hat der Auftragnehmer das Recht zur Kündigung, wenn eine Unterbrechung mehr als drei Monate dauert.

Autoren: KMU-Berater Dieter Rettner und Werner Broeckmann, Leiter der Fachgruppe Bauwirtschaft

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