Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die inländische Wirtschaft

Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die inländische Wirtschaft
Die Fachgruppe Sanierung bietet eine Bestandsaufnahme der Risiken und gibt den Unternehmen Sofortmaßnahmen zur direkten Umsetzung an die Hand.

Aktuelle Situation und Folgen der Sanktionen

Die Mitglieder der Fachgruppe Sanierung im Bundesverband “Die KMU Berater” hat sich am 14. März 2022 anlässlich der Ukraine-Krise und der damit verbundenen Auswirkungen ausgetauscht, eine Situationsbeschreibung sowie eine Bestandsaufnahme der Risiken vorgenommen und hieraus Sofortmaßnahmen für Unternehmen abgeleitet.

Bestandsaufnahme – Risiken und Situationsbeschreibung

Aufgrund der Auswirkungen der Ukraine-Krise kann mit Risiken in folgenden Bereichen gerechnet werden:

  1. Operative Risiken
  2. Finanzierungen, Banken und Kreditversicherer
  3. Auslaufen von coronabedingten Fördermaßnahmen

Operative Risiken

Bei den operativen Risiken wären die Lieferkettenproblematik und Lieferengpässe zu nennen. Es muss mit massiven und zum Teil extremen Preissteigerungen (produktabhängig 100 % und mehr) gerechnet werden. Dort, wo es noch möglich ist, ist eine Erhöhung der Lagerbestände zu beobachten, was mit einer zunehmenden Liquiditätsbindung, auch durch die Preissteigerungen, einhergeht.

Ein weiterer Punkt ist die Sicherung der Energieversorgung. Man darf auch nicht vergessen, dass Unternehmen bestimmter Branchen die negativen Folgen der Coronakrise noch nicht überwunden haben.

Finanzierungsrisiken und Situation der Banken

Die Banken werden zunehmend nervös und versuchen, Risiken zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Zur Situation der Erträge der Banken verweisen wir hier auf die Bain-Studie 2021 mit dem Titel “Deutschlands Banken 2021: Wie die Renditewende gelingt”.

Die Nervosität auf Seiten der Banken steigt auch durch die aktuellen Risikopositionen, die durch die Russland-Ukraine-Krise entstanden sind, zunehmend an. Man könnte auch sagen, dass die Stimmung “enger” wird.

Risikomanager bekommen es immer stärker mit der Angst zu tun und bemühen sich, keine Fehler zu machen. Weitere Faktoren sind die steigenden Zinsen und die niedrige Eigenkapitalrendite im Jahr 2020 mit 1,1 % nach Steuern (Quelle: Bain & Company).

Bei den Kreditversicherern geht man davon aus, dass eine Bonitätsverschlechterung von Unternehmen zu erwarten ist, in deren Folge die Kreditlimits reduziert werden.

Auslaufen von coronabedingten Fördermaßnahmen

Viele Unternehmen kommen jetzt aus der Tilgungsaussetzung in die Tilgungsphase der Corona-Kredite. Ein weiterer Risikofaktor ist der Auslauf von Coronahilfen. Dabei denken wir zum Beispiel an die Neustarthilfe in Niedersachsen, die zum 31. März 2022 ausläuft.

Besonders kritische Faktoren

Wenn verschiedene “Risikopositionen” zusammenkommen, kann dies zu einer existenzgefährdenden Situation führen. Hier sollte man sofort mit Gegenmaßnahmen beginnen, da gegebenenfalls nicht vorhersehbar ist, wieviel Reaktionszeit den betroffenen Unternehmen zur Beseitigung einer Liquiditätskrise bleibt.

Unsere Empfehlungen und mögliche Sofortmaßnahmen

Leiten Sie liquiditätssichernde Maßnahmen ein oder intensivieren Sie vorhandene Maßnahmen. Starten Sei mir einer Liquiditätsplanung und erstellen Sie am besten eine vollständige Finanzplanung. Klären Sie, wie lange die verfügbare Liquidität unter den gegebenen Umständen reichen wird (außer im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO).

Operative Maßnahmen Markt / Kunde

Preiserhöhungen sollten Sie kundenseitig sofort oder zeitnah verhandeln und umsetzen. Alternativ können Sie bestehende Liefer- beziehungsweise Kundenverträge kündigen, um weitere Verluste und Liquiditätsabflüsse abzuwenden.

Operative Maßnahmen intern

Nehmen Sie Kostenreduzierungen vor, wo immer das möglich ist. Reduzieren Sie Liquiditätsabflüsse. Intensivieren Sie Ihr Debitorenmanagement. Sinnvoll ist darüber hinaus eine zeitnahe Erstellung des Jahresabschlusses 2021.

Nehmen Sie eine kritische Beurteilung der unterjährigen Buchhaltung und BWA in Bezug auf die Aussagefähigkeit und Vollständigkeit vor. Es sollte dabei einer betriebswirtschaftlichen BWA gegenüber einer umsatzsteuerlich getriebenen BWA der Vorzug gegeben werden.

Finanzierung – Bank

Die folgenden Empfehlungen sollten in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Finanzplanung umgesetzt werden.

Verhandeln Sie Tilgungsaussetzungen, falls eine Notwendigkeit dafür besteht. Gegebenenfalls ist eine weitere Tilgungsaussetzung bei gewährten KfW-Coronakrediten sinnvoll, bei denen die Tilgungsphase einsetzt.

Beantragen Sie bei Bedarf zusätzliche Finanzmittel/Liquidität. Erwägen Sie den Einsatz alternativer Finanzierungsquellen wie zum Beispiel Factoring, Sales & Leaseback und weitere. Darüber hinaus sollten Sie Ihre Finanzkommunikation intensivieren und/oder professionalisieren.

Zusammenfassung

Zum Abschluss unserer Betrachtungen geben wir Ihnen acht Tipps an die Hand, die Sie sofort umsetzen können:

  1. Nehmen Sie eine ehrliche Situationsbeschreibung und Bestandsaufnahme vor.
  2. Überprüfen Sie alle Verträge einkaufs- und verkaufsseitig. Fordern Sie insbesondere Preisgleitklauseln an und überprüfen Sie diese.
  3. Bauen Sie – soweit dies möglich ist – bei öffentlichen Arbeitgebern Preisgleitklauseln ein.
  4. Reduzieren Sie sämtliche Kosten.
  5. Sichern Sie die Liquidität und die Unternehmensfinanzierung.
  6. Professionalisieren Sei die Kommunikation mit den Banken und den Kreditversicherern.
  7. Nehmen Sie sofort die notwendige Entwicklung der umsatzsteuerlich motivierten BWA zur “Qualitäts-BWA” vor.
  8. Außerdem ist eine sofortige integrierte Finanzplanung erforderlich.

Mit diesen acht Tipps können Sie die Auswirkungen der Ukraine-Krise und der damit verbundenen Sanktionen nicht beeinflussen. Aber Sie erhalten mit unseren Empfehlungen Sofortmaßnahmen an die Hand, mit denen Sie die Risiken für Ihr Unternehmen nachhaltig reduzieren können.

Autoren: die KMU-Berater Jörg Conradi, Thomas Schader und Reinhard Stadler