Der Weg zu “normalen Krediten” in Zeiten der Krise

Normalen Krediten
Wie gesunde Unternehmen in Zeiten der Krise an nötige Investitionsmittel kommen und was es zu beachten gilt, erläutert Marc Ackermann in seinem Interview.

Offenheit contra Verunsicherung

Wie kommen gesunde Unternehmen momentan an nötige Investitionsmittel? Marc Ackermann, Vorstandsmitglied im Verband „Die KMU-Berater“, rät zu größtmöglicher Transparenz und schlüssiger Planung – auch mit externer Hilfe.

Herr Ackermann, derzeit liest und hört man viel über Finanzhilfen für Unternehmen, die aufgrund von Corona mit dem Rücken zur Wand stehen. Wie aber gehen die Banken mit Firmen um, die nach “ganz normalen” Krediten fragen, zum Beispiel für neue Maschinen?

Marc Ackermann: Die Ausgangslage sieht so aus: Während die Corona-Pandemie den Zugang zu Finanzierungsmitteln für die schon vorher angeschlagenen Unternehmen nochmals erschweren wird, können sich bei den im Kern gesunden Firmen in Abhängigkeit ihrer Covid-19-Resistenz sogar zusätzliche Finanzierungsspielräume, zum Beispiel in Form der zu großen Teilen haftungsfreigestellten Sonderkredite, ergeben.

Wo es um die angesprochenen „ganz normalen“ Kredite geht, hört man von Banken und sonstigen Finanzierungspartnern oft Sätze wie diesen: „Wer vor der Pandemie finanzierbar war, ist es auch jetzt noch!“ Ob dies tatsächlich so ist, entscheidet sich aber natürlich immer im Einzelfall. Generell ist meine Erfahrung, dass die Covid-19-Pandemie durchgängig zu zusätzlicher Verunsicherung bei Unternehmen, Banken und sonstigen Finanziers führt. Beispielsweise sind viele Maschinen-, Anlagen- oder auch Werkzeugbauer aufgrund langlaufender Aufträge noch gar nicht in der Phase von Unterauslastung und Umsatzeinbrüchen angekommen.

Wie lässt sich dieser Verunsicherung begegnen?

Ackermann: Nur durch größtmögliche Offenheit. Konkret meine ich damit, dass jede fundierte Finanzierungsanfrage unternehmensseitig durch eine transparente Planung zu hinterlegen ist. „Transparent“ ist diese, wenn ein integriertes Planungsmodell verwendet wird, das neben der Rentabilitätseinschätzung in Form einer monatlichen Planung der Gewinn- und Verlustrechnung auch die zukünftige Liquiditätsentwicklung sowie Plan-Bilanzen für die Bestandsgrößen ableitet. Zusammen mit einer schlüssigen Kommentierung der Planannahmen kann hierdurch auch für einen außenstehenden Bankpartner ausreichendes Vertrauen im Hinblick auf die Zukunftsentwicklung seiner mittelständischen Kunden geschaffen werden.

Ist die Hausbank aus Ihrer Sicht immer erster Ansprechpartner? Oder sollte man sich lieber an Finanzvermittler wenden, die deutschlandweit auf „Kreditsuche“ gehen?

Ackermann: Eine vertrauensvolle Hausbank-Beziehung ist gerade in der aktuellen Situation unbezahlbar – es gibt eine gemeinsame Historie und damit gegenseitiges Vertrauen, auf dem man in der jetzigen Krise aufbauen kann. Unabhängig von diesem unterstellten Vertrauen sind aber auch generelle geschäftspolitische Entscheidungen auf Seiten des Finanzierungspartners nicht außer Acht zu lassen.

Wenn beispielsweise interne Obligogrenzen einen zusätzlichen Kreditantrag erschweren oder unmöglich machen, kann auch die Suche nach zusätzlichen Finanzierungspartnern im Interesse aller Seiten sein. Eine sich daraus ergebende, breiter aufgestellte Finanzierungsbasis kann auch aus KMU-Sicht zu größerer finanzieller Unabhängigkeit führen. Wie so häufig im Leben ist hier jedoch die offene Kommunikation zwischen den bestehenden Partnern entscheidend, damit auch für die bisherigen Partner nachvollziehbar und klar wird, warum gegebenenfalls neue Finanziers hinzugezogen werden.

Wie sieht es mit Kreditplattformen aus?

Ackermann: Kreditplattformen sind aus verschiedenen Blickwinkeln für KMU eine spannende Finanzierungsoption. Auf Basis von häufig deutlich schnelleren Bearbeitungs- und Entscheidungsprozessen kann gerade bei zeitkritischen Finanzbedarfen ein spürbarer Mehrwert geschaffen werden.

Auch ermöglicht die Nutzung dieser Plattformen in vielen Fällen zusätzliche Transparenz im Hinblick auf Finanzierungsformen und -konditionen. Aber auch hierbei ist die offene Kommunikation mit den bisherigen Finanzierungspartnern nicht außer Acht zu lassen – vielmehr sollten klassische und „innovative“ Finanzierungswege gleichberechtigt bei der Antragstellung Berücksichtigung finden.

Hat sich die Bedeutung von Beratung und Vorbereitung bezüglich Kreditverhandlungen durch Corona erhöht?

Ackermann: Wie gesagt, zieht die Covid-19-Pandemie zusätzliche Verunsicherung auf allen Seiten nach sich, der mit Transparenz und Vertrauen begegnet werden muss. Und wenn es um die Erarbeitung von Planungsmodellen, die Herleitung von Covid-19-bezogenen Worst-Case-Betrachtungen oder die Optimierung der Finanzierungsstruktur geht, sind auf die Belange von KMU und Familienunternehmen spezialisierte Berater die erste Wahl.

Sie liefern neben „planungstechnischem“ und finanzierungsseitigem Know-how eine zusätzliche externe Instanz, die das Vertrauen auf Seiten bestehender und hinzukommender Finanzierungspartner durch eine weitergehende Objektivierung erhöhen. Gleichzeitig entlasten sie den Unternehmer und bieten ihm die Gelegenheit, sich gerade in der aktuell für viele Branchen schwierigen Situation auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren und dort seine Stärken im Interesse des Unternehmens auszuspielen.