Krisencheck – Startpunkt jeder Beratung im Mittelstand

Qualität von Innovationsberatungen
Krisen schleichen sich an. Die wenigsten fallen aus dem Nichts über Unternehmen her. Daher sollte jede Beratung zu Beginn Frühwarnsignale für Krisen analysieren.

KMU-Berater Tim Grabbe beschreibt wesentliche Analysepunkte für einen Krisencheck zum Beratungsstart:
Kaum eine Unternehmenskrise kommt plötzlich und unvorhersehbar. Fast immer gibt es rechtzeitig Vorboten, Hinweise oder Ereignisse. Wer sie erkennt, analysiert und richtig handelt, kann die Krise oft noch abwenden oder überwinden. Vielfach haben Unternehmer/innen keine ausreichenden Controlling-Instrumente oder sie sind zu nahe am Geschehen, um mit der nötigen Distanz folgerichtig und konsequent zu handeln. Denn Handeln bedeutet vielfach auch, schmerzhafte Einschnitte vorzunehmen. Nicht richtig zu handeln heißt aber auch, bald zum Insolvenzgericht zu müssen. Leider fehlen meistens entsprechende Kenntnisse des Insolvenzrechts.
Jede (!) Beratung sollte daher mit einem Quickcheck des Unternehmens auf eventuelle Krisenanzeichen beginnen. Dafür ist es nicht notwendig, eine aufwendige Analyse des Krisenstadiums mit Ermittlung von endogenen und exogenen Faktoren vorzunehmen. Vielmehr geben augenfällige Veränderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und den aktuellen (!) betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) genügend Hinweise. Häufige Anzeichen einer negativen Unternehmensentwicklung sind Umsatzrückgänge (Vergleich über mehrere Jahre und Monate) ohne ausreichende Reduzierung des Personalaufwandes. Dabei ist es wichtig, nicht nur die absolute Höhe, sondern vor allem die Quote “Personalaufwand zu Umsatz” zu betrachten. Auch die Vergütung der Geschäftsleitung wird nicht außen vor gelassen. Steigender Materialaufwand (auch hier Quote zu Umsatz) oder hohe Einzelpositionen in den sonstigen betrieblichen Aufwendungen (Kontennachweis der GuV) werden mit den Verantwortlichen auf ihre Notwendigkeit hin besprochen. Ein kurzer Blick in die Bilanz verrät, ob auf der Aktivseite ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ (und damit die bilanzielle Überschuldung) ausgewiesen wird. Bei vielfach schwacher Eigenkapitalausstattung der Unternehmen ist diese Position keine Ausnahme.
Die bilanzielle Überschuldung alleine bewirkt noch keine Insolvenzantragspflicht. Allerdings erfordert der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag die Erstellung eines Überschuldungsstatus. Dieser gibt Auskunft über die tatsächliche Vermögenslage des Unternehmens. Gutachten über den Marktwert von Immobilien oder abgeschriebenen Maschinen in der Bilanz führen oft zu höheren Aktiva. Auf der Passivseite der Bilanz können nachrangige (!) Gesellschafterdarlehen dem Eigenkapital zugeordnet werden. Auf diese Weise wird häufig die rein bilanziell bestehende Überschuldung beseitigt.
Sofern eine tatsächliche Überschuldung festgestellt wird, vermeidet eine positive Fortbestehensprognose (beides in der Regel durch einen spezialisierten Sanierungsberater mit dem Unternehmen gemeinsam erarbeitet) die Insolvenzantragspflicht. Aber Achtung: wird kein Überschuldungsstatus – gegebenenfalls zzgl. Fortbestehensprognose – erarbeitet, kann der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung gegeben sein (genauso wie bei der Nichtantragstellung eines Insolvenzantrages bei Zahlungsunfähigkeit).
Dieser Beitrag ist erschienen in den “KMU-Berater News 2014-01: Krisen- und Sanierungsberatung in KMU”.